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Das perfekte Bild? – Die Suche danach

Was macht für mich ein gutes Bild aus? „Gibt es Fotos, die dich komplett umhauen” oder auch „Was muss das perfekte Bild für dich haben?“. Fragen, die mir schon so oft gestellt wurden. Ich habe keine pauschale Antwort darauf und nein, ich kann auch keine Tips geben, was für mich ein gutes Bild ist, das perfekte Bild ausmacht oder wie man für sich das perfekte Bild findet. Ein Bild muss mich faszinieren und ergreifen. Ein Bild muss mich fesseln und in seinen Bann ziehen. Und ja, ein Foto muss etwas in mir bewegen. Doch was genau, dies kann ich beim besten Willen nicht pauschal beantworten. 

Ist es ein Foto, welches mich nachdenklich stimmt? Mag sein, solche Fotos gibt es. Oder sind es doch die Schönheiten des Lebens? Auch diese gibt es und oft werden und wurden diese auf Fotos festgehalten. Gibt es das perfekte Bild für mich? Sicher, aber heute ist es dieses Foto, gestern war es ein anderes und morgen wird es sicherlich wieder eine andere Fotografie sein. Ein Bild bewegt situationsabhängig – zumindest mich. Ein Grund, wieso Fotografien wohl auch „kategorisiert“ werden. Sei es in Museen und Ausstellungen, sei es im privaten Bereich (man denke nur an das Familienalbum) oder eben auch auf einer Homepage wie dieser hier. Und dies ist die Crux, denn ein Fotograf sollte nicht in Kategorien denken und arbeiten. Und dennoch geschieht dies unabsichtlich. 

Es gibt Fotografen, die sich auf Familienfotos, Hochzeiten und Passbilder spezialisieren. Alles Sparten, die mich auch schon tangiert, aber nie berührt haben. Und ich bin mir sicher, dass ich in diesen Kategorien keine guten Fotos abliefern kann. Ob ich solche Bilder schon angefertigt habe? Öfters, als ich wohl wollte. Sei es der Freund, welchem das Budget fehlt sich einen Hochzeitsfotografen zu buchen. Oder der Kumpel, welcher „mal auf die Schnelle ein Passbild“ benötigt. Ich helfe gerne, bin aber mit der Arbeit letztendlich nicht zufrieden. Bei Familienfeiern und Hochzeiten gehe ich zu analytisch vor und „berichte“ eher, als die (ausgelassene) Stimmung einzufangen. Bei Passbildern habe ich die behördlichen Vorgaben im Kopf und setze diese strikt um. Da ist es mir letztendlich schon egal, welcher Ausdruck eingefangen wird. Und ja, jeder Mensch kennt einen anderen, welcher ein absolut hässliches Passbild im Personalausweis, Reisepass oder Führerschein hat. Die Chance, dass ich dieses gemacht habe, ist relativ hoch, sofern wir einen ähnlichen Freundes- oder Bekanntenkreis haben. Denn wenn ich eines kann, dann solche Bilder noch schlimmer aussehen lassen, als sie ohnehin schon aussehen. Und dies ist einer der Gründe, wieso sich ein Fotograf wohl auf gewisse Bereiche spezialisiert. So auch meine Person.

Doch wie beantwortet man nun die Eingangsfrage? Was ist nun das gute oder sogar perfekte Bild? Darüber könnte ich Abende mit Rotwein philosophieren und würde sicher nie zum Ende kommen. Fazit aber wäre (Achtung: Spoiler-Alarm), dass es für mich gute und perfekte Bilder gibt, letztendlich aber jeder selbst nach seinem perfekten Bild suchen muss. Ähnlich wie bei Musikrichtungen, gibt es auch bei der Fotografie immer wieder Ausreisser. Wieso? Nun, weil dies in der Natur der Sache liegt, ich es aber gerne erkläre. 

Musik findet man per se gut oder eben überflüssig. Ähnlich verhält es sich bei der Fotografie. Unter der Voraussetzung, dass man Musik nicht abgeneigt ist, entwickelt wohl jeder Mensch über die Jahre hinweg eine Passion, Liebe oder Leidenschaft für gewisse Musikgruppen oder Genre. Sofern es gewisse Musikgruppen sind, darf man diese mit einem Fotografen gleichsetzen und könnte die Diskussion an dieser Stelle entschieden abkürzen. Bands haben Alben, die einen mehr fesseln, als andere Alben der Diskografie. Bei Fotografen ist wohl auch so. Es gibt Bilder eines Fotografen, die mehr Zuspruch erhalten als andere. Doch was, wenn wir uns gewisse Genre – was wohl eine Analogie zu den unterschiedlichen Bereichen der Fotografie ist – näher anschauen? Beispielsweise finden wir Rock-Musik gut. Oder Pop, Jazz, Swing, Klassik, was auch immer. Wir werden immer wieder in diesen Genre Künstler und/oder Interpreten finden, welche uns faszinieren, andere uns aber egal sind, sofern wir den Begriff „netter Versuch“ ausblenden. Konzentrieren wir uns auf Bands eines Genre, die wirklich was zu sagen haben!

Ich bin mit „Gitarren-lastiger“ Musik groß geworden. Meine Mutter würde es wohl eher Gitarren-lästiger Krach bezeichnen. Sei es drum! Musik mit Gitarren und insbesondere verzerrter Gitarren hat mich immer fasziniert. Nun gibt es in diesem „Genre“ unzählige Unter-Kategorien. Sei es Metal, Indie-Rock, Alternative, Crossover und so weiter und so fort. Aufgeschlossen war ich dahingehend schon immer, doch fallen mir spontan einige Genre ein, die mich nicht bewegen oder ich sogar anstrengend finde. Auch Musikrichtungen, die mir zu aufgesetzt sind, gibt es. Die Gründe können sehr unterschiedlich sein.  Sofern wir uns nun einer dieser Gitarren-lastigen Unterkategorien widmen und beispielsweise hier den Bereich Metal betrachten, dann werden wir schnell Alben finden, die wegweisend sind. Alben, die entweder eine Bewegung angestossen oder enorm nach Vorne gebracht haben. Doch wenn wir uns mit einem Metal-affinen Menschen unterhalten, werden wir schnell bemerken, dass dieser eventuell Alben anders betrachtet als man selbst. So wird für viele Metal-Fans „Master Of Puppets“ von Metallica eines der wichtigsten Alben überhaupt sein. Andere bevorzugen aber „… And Justice For All“ oder „Ride The Lightning“. Puristen werden sich wohl für „Kill ‘Em All“ aussprechen. Und wieso? Weil sie jeweils ein Album mit einem gewissen Moment, Erlebnis oder Gefühl verbinden. Sei es der große Bruder, der damals das Album vorgestellt hat. Oder der Umstand, dass eine Band mit einem bestimmten Album dieses Genre einem näher gebracht hat. Während sich die Metallica-Fans nun darüber streiten, welches Album das wichtigste überhaupt ist, blenden wir die anderen drei Bands der sogenannten Big Four aus. Und ja, dann sprechen wir nur vom Thrash-Metal und andere Bereiche des Metals wurden noch gar nicht betrachtet. 

Und ähnlich verhält es sich mit einem guten oder sogar perfekten Bild. Würde Reggae als Musikrichtung eine Kategorie in der Fotografie repräsentieren, dann wäre dies für mich wohl die Hochzeitsfotografie. Heißt, dass ich diesen Bereich der Fotografie per se für mich ausschließe und immer ausschließen werde – ebenso werde ich nie ein Fan von Reggae werden. Und dennoch habe ich schon Hochzeitsbilder gesehen, die mich fasziniert haben. Bilder, auf denen das Ehepaar im alten Containerhafen in Hamburg mit einem Lastenkran in die Höhe gezogen wurden. Bilder, in denen die Ehefrau andeutungsweise dem Bräutigam das 9er Eisen über den Kopf zieht. Bilder, die ausdrucksstark waren und selbst mich als Hochzeitsfotografien-Verweigerer gefesselt haben. 

Und dann gibt es wieder Bilder, die mich derart kalt gelassen haben, da sie aus einer Kategorie entsprangen, welche mir sehr wohl bekannt und vertraut ist. So haben mich Konzertbilder erreicht, die die Allgemeinheit fesselten, ich dieses Bild aber kritischer und analytischer betrachtet habe und den „Blick hinter die Kulissen“ kenne. Oft finde ich Bilder „perfekt“ oder ausgesprochen gut, wenn sie aus einem Bereich kommen, welcher mir nicht oder weniger vertraut ist. Bilder, die ich niemals so hätte umsetzen können oder auch wollen. Und hierbei ist der Bereich fast schon egal, denn neben Hochzeitsbildern finde ich auch die klassische „Familienfotografie“ mehr als verstörend. Seien es Bilder des Nachwuchses, die eine billige Kopie eines Anne Geddes Bildes sind – eine Fotografin, die neben der Diddl-Maus wohl ein Kindheitstrauma auf Lebzeiten auslöste. Oder der Umstand, dass Onkel Heinz sich bei Media Markt eine Kamera gekauft hat und damit die Taufe des Neffen bildlich festhält. Für einen Fotografen war natürlich kein Geld vorhanden, denn das Essen hat ja schon genug zu Buche geschlagen. Den Umstand, dass die meisten Bilder vor der Schrankwand Eiche Rustikal entstehen, ist dabei schon nebensächlich, wenn auch immer noch mehr als (ver-)störend. 

Natürlich gibt es auch Bilder, die aus einem mir bekannten Bereich stammen, die ich bewundere und als perfekt bezeichnen würde. Es sind – und hier schließt sich wohl wieder der Kreis zur Musik – Bilder, die etwas ausstrahlen, anders aufgebaut sind oder viel Spiel für Interpretation lassen. Und der Moment der Begegnung ist noch wichtig. Wie aufgeschlossen ist man für „Neues“ oder ist man eben in einer Phase, in der man eher die Routine bevorzugt. Ob der Scheinwerfer bei einem Konzertbild nun Blau statt Grün leuchtet, ist oft sekundär. Es ist das Zusammenspiel aus dem Moment als mich dieses Bild erreichte, dem Aufbau, um etwas fachmännisch zu bleiben und natürlich der Ausdruck selbst. Sicherlich ist es beeindruckend, wenn man ein Bild von Angus Young sieht, der trotz seines fortgeschrittenen Alters noch Zehntausende am Abend beeindruckt. Jedoch kann es auch ein Bild sein, welches in einem ranzigen Club entstand und einen eher unbekannteren Künstler zeigt, der sich nicht weniger passioniert auf den Brettern dieser Welt bewegt.

Bezogen auf Reisefotografie sind es wohl Bilder von Orten, die ich selbst noch nicht bereisen konnte. Oder Bilder, die eine tolle Stimmung eingefangen haben. Sei es der Sonnenuntergang, die Witterung, aber eben auch das Treiben auf der Straße. Man muss den Drang verspüren, dass man in diesem Moment genau in diese Szene eintauchen möchte. Sofern es um Reportagen geht, ist dies ein oft ausbleibender Wunsch. Bilder aus Kriegsgebieten, Naturkatastrophen oder mit anderem Elend in der Welt sind wahrlich keine Szenen, die man selbst erleben möchte. Und dennoch gibt es auf hier Fotos, die für mich perfekt sind, sofern man dies in diesem Kontext überhaupt aussprechen darf. Bilder, die ehrlich sind! Und vielleicht ist „ehrlich“ genau das passende Adjektiv, welches ich suche. Ehrlich sollte ein Bild sein! Es muss unverblümt dies transportieren, was es beabsichtig zu transportieren. Sei es das Leben per se, die Hochzeit und das damit verbundene Glück, den Moment auf einem Konzert oder eben die Person selbst, wie man sie erlebt hat. Sicherlich kann und sollte man dies nicht auf alle Bereiche der Fotografie übertragen, denn das Passbild ist und bleibt letztendlich nur eine behördliche Notwendigkeit, die rein formal genommen aber auch eine gewisse Ehrlichkeit transportieren soll und muss. Aber dies ist ein neues Kapitel und sollte nicht Hier und Jetzt thematisiert werden. Schaut euch Fotos an und fragt euch, ob das Bild ehrlich ist! Bitte als Tip verstehen, denn allwissend bin ich sicher nicht und was für mich als meine Person gilt, muss nicht übertragbar sein. 

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